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Johannes Gutenberg - Erfinder und Medienrevolutionär
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Gutenberg und Mainz

von Eva Maria Hanebutt-Benz

Mainz wurde im hohen Mittelalter mit Bezeichnungen belegt wie "Metropole der Städte", "Herrin der Völker" oder "Diadem des Reiches", dichterischen Attributen, die eine anerkannte Vorrangstellung widerspiegeln. Die Stadt gehörte in diesen Jahrhunderten eindeutig zu den reichsten und bedeutendsten rheinischen Städten.

Grund hierfür war die politische Schlüsselstellung, die Mainz im Mittelalter einnahm. Der Erzbischof von Mainz war zugleich Primas Germaniae, Erzkanzler des Reiches (ständig seit 965) mit dem Recht der Berufung zur Königswahl und gehörte seit dem Ende des 12. Jahrhunderts zu den Kurfürsten, unter denen er Führungsposition besaß. Das Kurfürstenkolleg war seit 1257 allein berechtigt zur Wahl und Verkündigung (Kür) des deutschen Königs. Dem Mainzer Kurfürstbischof fiel es zu, Reichs- und Fürstentage einzuberufen.

Geographisch äußerst günstig am Zusammenfluss der beiden Ströme Rhein und Main gelegen, entfaltete sich Mainz vor diesem Hintergrund zu einer Stadt, die Handwerk und Handel die günstigsten Voraussetzungen bot. Seit der Gründung des Rheinischen Städtebundes im Jahr 1254 blühte der Handel, der den Rhein als Verbindungsweg Europas nutzen konnte und mit dem Main günstigste Verbindung hin zu den niederbayerischen Städten besaß. 
Die Achse von Trier über Mainz, Frankfurt am Main und Leipzig nach Breslau war einer der bedeutenden Handelswege dieser Epoche.

Die Ansprüche des erzbischöflichen Hofes andererseits förderten alle Zweige des Kunsthandwerkes. Die Goldschmiedezunft blühte, da sie durch den Hof und die häufigen Konzile einen großen und kaufkräftigen Abnehmerkreis fand. Der Tuchhandel florierte als eine der wichtigsten Einnahmequellen des kaufmännischen Patriziats. Noch Anfang des 15. Jahrhunderts glänzte Mainz mit seinem Reichtum. Die Lebenszeit Gutenbergs jedoch war für Aurea Moguntia, das goldene Mainz, eine Zeit der Umbrüche und der sozialen Konflikte.

Johannes Gutenberg

Johannes Gutenbergs Vater zählte zu den Patriziern der Stadt; er war Kaufmann oder Handelsherr und möglicherweise im Tuchhandel tätig. Dieser Vater, Friele Gensfleisch zur Laden, wird seit 1372 als Mainzer Bürger genannt. 1386 heiratete Friele Gensfleisch in zweiter Ehe Else Wirich, die Tochter eines Krämers in Mainz. Johannes Gutenbergs Geburtsjahr blieb bis heute im Dunkeln. Man muss davon ausgehen, dass vieles für einen Lebensbeginn um 1400 spricht: die Quellenlage gibt nicht mehr her, als dass er mit ziemlicher Sicherheit zwischen 1394 und 1404 anzusetzen ist.

Der jüngste Sohn der Familie tritt in den frühesten Urkunden namentlich als Henne oder Henchen (d. i. Johannes) zur Laden oder als Henne Gensfleisch auf. Es gab zu dieser Zeit noch keine Namen, die sich vom Vater auf den Sohn und Enkel weitervererbten, die Mainzer Patrizier wurden nach ihren Häusern genannt, und besaß man mehrere, konnte man verschiedene Namen tragen. Auf den Vater bezogen, wird erst 1427 oder 1428 in einer Urkunde der Zuname "zu Gudenberg" angewendet (Johannes Gutenberg wird erstmals 1430 in einem Schriftstück "Henchin zu Gudenberg" genannt). Über viele Einzelheiten in der Biographie Gutenbergs können wir nur Vermutungen anstellen.

So wissen wir kaum etwas über die Kindheit und Ausbildung des Erfinders. Vielleicht besuchte er eine der Mainzer Stifts- bzw. Klosterschulen, wie viele Kinder des Patriziats. Wir können nur davon ausgehen, dass er seine späteren Leistungen nicht ohne umfassende und grundlegende Bildung im Sinne seiner Zeit hätte zuwege bringen können.

1411 musste Friele Gensfleisch Mainz verlassen. Ein Streit zwischen den Geschlechtern (dem Patriziat) und den Zünften, der sich an der Wahl eines neuen Bürgermeisters entzündete, führte dazu, dass 117 Patrizier für einige Zeit in Besitzungen außerhalb der Stadt umsiedelten. Gutenbergs Vater wandte sich vermutlich in das Rheinstädtchen Eltville, wo die Familie, über die Mutter ererbt, ein Anwesen besaß. Möglicherweise zog die ganze Familie vorübergehend dorthin, um den stadtpolitischen Auseinandersetzungen, die lebensbedrohlich werden konnten, zu entgehen. Im Januar 1413 kam es, aufgrund von Hungerkrawallen, erneut zu einem Auszug aus der Stadt.

Ebenso wenig wie über eine Schulausbildung können wir über ein Studium Aussagen machen. Viele Patriziersöhne aus Mainz gingen zum Studium nach Erfurt, da dies die Alma mater der Erzdiözese Mainz war. Es findet sich auch in der Matrikel von 1419/20 eine Eintragung, dass ein Johannes de Alta villa (= Eltville) eingeschriebener Student sei. Zwei Vettern Gutenbergs hatten sich ein Jahr zuvor in Erfurt immatrikuliert. Ob dieser Hinweis auf Johannes Gutenberg zu beziehen ist, muss offen bleiben, einen Beweis gibt es nicht. Gutenbergs Vater starb im Herbst des Jahres 1419.

Im folgenden Jahr wird Gutenbergs Name zum ersten Mal in einem Dokument genannt, in dem es um Erbstreitigkeiten geht. Für die folgenden Jahre fehlen dann wieder jegliche Unterlagen. Johannes Gutenberg zog vorübergehend wieder aufgrund von Streitigkeiten zwischen Zünften und Patriziat aus Mainz fort, wie eine Akte, die "Rachtung" (eine Vereinbarung zwischen den streitenden Parteien) von 1430 belegt. Aus derselben Zeit, von 1430, ist eine andere Urkunde erhalten, die besagt, dass Gutenberg von einer Katherine von Delkenheim eine Leibrente von 13 Gulden ausgesetzt bekommen hatte, die zur Hälfte an seine Mutter ausgezahlt werden sollte. Auch hieraus ist zu entnehmen, dass Gutenberg um diese Zeit nicht in Mainz weilte.

Erst 1434 lässt sich der Aufenthaltsort Gutenbergs wieder belegen, für die vorangehenden Jahre fehlt jeder Anhaltspunkt, der etwas über seine Aktivitäten und Aufenthalt aussagen könnte. Ein Jahr früher war Gutenbergs Mutter Else Wirich gestorben, ihr Erbe war unter den Kindern aufgeteilt worden. Johannes Gutenberg erhielt sicherlich seinen Anteil in Form von Renten, da in den folgenden Jahren Auseinandersetzungen um die Auszahlung dieser Gelder eine nicht unbedeutende Rolle spielten.

Straßburg

Ein Schreiben Gutenbergs vom März 1434 gibt Aufschluss darüber, dass er sich in Straßburg aufhielt. Für elf Jahre ist Gutenberg nun in der Münsterstadt an der Ill nachzuweisen. Straßburg, mit 25.000 Bewohnern eines der größten Gemeinwesen im Deutschen Reich, war eine lebendige und reiche Handelsstadt, die einer zielstrebigen und unternehmungslustigen Persönlichkeit zahllose Möglichkeiten bot, zu Geld zu kommen. Zwischen den Mainzer und den Straßburger Patriziern gab es vielfältige Verbindungen, so deutet auch manches darauf hin, dass Gutenberg mütterlicherseits Verwandtschaft in Straßburg besaß. Gutenbergs geschäftliche Unternehmungen lassen erkennen, dass er ein beachtliches Potential an Fähigkeiten besaß, Geldgeber und Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen für ein Projekt zu begeistern und einträgliche kommerzielle Aktionen auf den Weg zu bringen.

Seit etwa 1437 lehrte Gutenberg, der in der Straßburger Vorstadt St. Argobast wohnte, einen begüterten Bürger, Andreas Dritzehn, das Polieren und Schleifen von Edelsteinen. Offenbar besaß er auf diesem Gebiet Kenntnisse, die er hier nun zu Geld machen konnte. Wenig später wurde ein Projekt in Angriff genommen, für das eine Genossenschaft gegründet wurde. Für Aachen war die Zurschaustellung der dortigen Reliquien angekündigt, und man wollte für diese Heiltumsfahrt, die Tausende von Pilgern mobilisieren würde, Pilgerspiegel herstellen. Es handelte sich um kleine reliefierte Metallrahmen aus einer Zinnlegierung, die in Formen gegossen wurden und auf denen ein konvexer Spiegel mittels kleiner Klammern befestigt wurde. Der Sinn dieser Spiegel, die viele Wallfahrer am Hut befestigt mit sich trugen, war es, die segen- und heilbringenden Strahlen, die - wie man meinte - von den Reliquien ausgingen, aufzunehmen und nach Hause mitzunehmen, wo sie auch noch für die Angehörigen wohltätig wirken sollten. Allerdings fand die Heiltumsfahrt später statt als erwartet, erst 1440, so dass das festgelegte Kapital längere Zeit nichts einbrachte. In dieser Zeit setzte bereits wieder ein neues Projekt ein, das geheim gehalten wurde.

Es hat in der druckhistorischen Literatur viel Spekulationen darüber gegeben, was seit 1438 in Straßburg tatsächlich vorbereitet wurde. Viele Hinweise lassen es als möglich erscheinen, dass bereits das Drucken mit seriell hergestellten, "beweglichen" Lettern auf einer Druckerpresse erdacht und realisiert wurde. Andererseits muss man eingestehen, dass es keinen eindeutigen Beweis dafür gibt. Gegen die Annahme, dass Gutenberg bereits in Straßburg das Drucken mit beweglichen Lettern erfand, spricht, dass kein Buch bekannt wurde, das man Straßburg im Zeitraum vor 1460 zuschreiben kann und alle erhaltenen frühen Drucke auf Mainz als Druckort hindeuten.

Bis 1444 blieb Gutenberg noch in Straßburg. Verschiedene Urkunden bezeugen seinen Verbleib, werfen aber kein Licht auf die neuerliche gemeinsame Unternehmung. Man kann wohl annehmen, dass sich die Heilsspiegel 1440 im Jahr der Aachener Wallfahrt gut verkaufen ließen und Gewinn einbrachten. Der letzte urkundliche Nachweis für Gutenbergs Anwesenheit in Straßburg ist vom 12. März 1444, als er noch die jährlich geforderte Weinsteuer zahlte.

Wieder in Mainz

Die Beendigung des Genossenschaftsvertrages, drohende Kriegsgefahr und die damit verbundene Unsicherheit geschäftlicher Erfolgsaussichten mögen Gutenberg bewogen haben, die Stadt zu verlassen. Die Quellenlage ergibt eine biographische Lücke von mehr als vier Jahren über diese Lebensphase. Es ist denkbar, dass Gutenberg umherreiste oder dass er sich während dieser Jahre an einem uns unbekannten anderen Ort aufhielt. Gesichert ist dann erst wieder, dass er ab 1448 wieder in seiner Heimatstadt Mainz Fuß gefaßt hatte.

Der erste Beleg für seine Anwesenheit stammt vom 17. 0ktober 1448, denn zu diesem Zeitpunkt erhielt er eine Anleihe, die sein Schwager Arnold Gelthus für ihn erwirkt hatte. Ob Gutenberg nun bereits eine Druck-Werkstatt eingerichtet hatte und nun Betriebskapital zur Fortführung seiner Unternehmung brauchte, oder ob erst mit der Einrichtung begonnen wurde, muss offen bleiben. Wir können aber davon ausgehen, dass in Mainz bald eine Druckwerkstatt eingerichtet war, denn bereits dreieinhalb Jahre später begann das große Werk des Bibeldrucks, dem lange Vorbereitungs- und Erprobungszeiten vorangegangen sein mussten, in denen mit der Herstellung kleinerer Drucksachen die nötige Erfahrung für die prestigeträchtige und so erfolgreich bewältigte große Aufgabe gesammelt werden konnte.

Man muss wohl auch davon ausgehen, dass Gutenberg seine neue Technik in ihrer Anwendbarkeit beweisen musste, bevor er neue Geldgeber finden konnte. Es waren vor allem Donate, Schulbücher zum Erlernen der lateinischen Grammatik, die anfangs die Druckerpresse verließen und denen ein hoher Absatz wegen der ständigen großen Nachfrage sicher war. Der offensichtlich zielstrebige Neubeginn in Mainz, die Tatsache, dass Gutenberg schnell wieder Mitarbeiter mit den geforderten speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten fand, und dass er in Johannes Fust, einem Mainzer Kaufmann und Geldverleiher, einen Kreditgeber für das Bibelprojekt überzeugen konnte, weiterhin die, allerdings unbewiesene aber naheliegende Vermutung, dass er zwei Werkstätten organisierte, eine für den raschen Verkauf, die andere für das große Werk des langwierigen Bibeldrucks, dies alles bestätigt jedenfalls, dass Gutenberg nicht nur ein Mensch war, der zukunftsweisende Visionen entwickeln konnte, sondern darüber hinaus ein hervorragender Organisator und ein scharf kalkulierender Unternehmer mit viel Geschäftssinn. Das Bild des einsamen, asketischen und ausgenutzten Erfinders, dem das 19. Jahrhundert und noch Autoren unseres Jahrhunderts anhingen, ist kaum aufrechtzuerhalten.

Das Werk der Bücher

Im Sommer 1449 erhielt Gutenberg von Fust eine erste Anleihe von 800 Gulden für die Herstellung von Druckgerätschaften. Als Pfand für den Kredit galt das mit diesem Geld geschaffene Gerät. Die Werkstatt wurde im Hof Humbrecht eingerichtet, der einem in Frankfurt lebenden entfernten Verwandten Gutenbergs gehörte. In den Jahren 1452 und 1453 gab Fust Gutenberg nochmals insgesamt 800 Gulden für das "Werk der Bücher". Mit diesem Kapitaleinsatz konnten Satz und Druck der Bibel begonnen werden.

Während die Bibel im Zeitraum zwischen 1453 und 1454 gedruckt wurde, geschah gleichzeitig der Druck von Auftragsarbeiten ganz anderen Charakters. Aus den Jahren 1454 und 1455 stammen die sogenannten Ablassbriefe, deren Zweck die Einnahme von Geld zugunsten der Kriegführung gegen die Türken, die das Königreich Zypern bedrohten, beim Verkauf an einzelne Gläubige jeweils mit deren Namen versehen und datiert wurden, ist eine zeitliche Festlegung eindeutig möglich. Der Druck von etlichen Tausend solcher Ablassbriefe, die der Kirche viel Geld einbrachten, bewies in einer sehr frühen Phase der Druckgeschichte, dass die Erfindung auch enorme kommerzielle Entwicklungsmöglichkeiten bot - ein Aspekt, den die Zeitgenossen nicht ignoriert haben dürften.

Gegen Ende des Bibeldrucks kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Gutenberg und Fust, über deren Ursachen wir nichts Genaueres wissen. Fust forderte sein geliehenes Kapital mit Zins und Zinseszins zurück und klagte Gutenberg der Veruntreuung des Geldes an. Beim weltlichen Gericht des Erzbischofs erhob er Klage gegen seinen Geschäftspartner. Über die erste Phase des Prozesses sind keine Unterlagen vorhanden, über viele Zusammenhänge gibt aber das sogenannte "Helmaspergersche Notariatsinstrument" Auskunft, das am 6. November 1455 ausgestellt wurde, ein juristisches Dokument, das der Notar Ulrich Helmasperger aufgesetzt hatte. Aus dem Wortlaut wird nicht deutlich, was konkret mit "gemeinsamen Werk" und dem "Werk der Bücher" gemeint war, das Gegenstand der Partnerschaft zwischen den Kontrahenten war und dem Gutenberg nach Fusts Darstellung Geld für andere Zwecke entzogen hatte. Das Ergebnis des Prozesses war, dass Fust vom Gericht Recht gegeben und Gutenberg verurteilt wurde, Fust die Bibel-Druckerei und wohl die Hälfte der ausgedruckten Bibeln zu überlassen. Fust ergriff seine Chance und führte die Druckerei, mit Gutenbergs Mitarbeiter Peter Schöffer als neuem Partner, weiter.

Nachdem Gutenberg die Druckwerkstatt für die Bibel an Fust und Schöffer verloren hatte, ging die Arbeit für ihn als Besitzer einer Druckerei weiter, wenn auch in qualitativ und quantitativ spürbar reduzierter Form. Der Schlag, den der verlorene Prozess bedeutete, muss seine Wirkung getan haben. Die Druckwerke, die in den folgenden Jahren realisiert wurden, hatten im Hinblick auf ästhetische und technische Bedeutsamkeit einen geringeren Stellenwert. Es handelte sich um Kleindrucke, die schnell und unproblematisch realisiert werden konnten, wie Aderlasskalender, Aufrufe zum Kreuzzug, ein Verzeichnis aller Erzbistümer, u.a.

Während, wie bereits beschrieben wurde, Gutenberg anfangs sehr auf Geheimhaltung seiner Erfindung bedacht war, um sich den Gewinn nicht durch andere streitig machen zu lassen, änderte sich diese Haltung offenbar nach dem Prozess mit Fust, der in der Existenz einer weiteren Druckoffizin geendet hatte. Gegen Ende der 50er Jahre beteiligte er sich am Druck einer Bibel, die nicht in seiner Werkstatt, sondern in Bamberg hergestellt wurde, und für die er mindestens den Typenvorrat lieferte. Die Zuordnung und Einordnung der frühen Druckwerke unterlag immer einer Schwierigkeit: keines der Druckwerke aus Gutenbergs Werkstatt oder besser Werkstätten war namentlich gekennzeichnet. Der Druckforschung machte diese Eigenart naturgemäß immer wieder Probleme. Eines der noch nicht endgültig gelösten ist die Urheberschaft und technische Besonderheit des in Mainz gedruckten "Catholicon", das zur Zeit die Gutenberg-Forschung bewegt. Das Catholicon ist ein lateinisches Wörterbuch, 1286 von Johannes Balbus zusammengestellt, das im wesentlichen dem richtigen Verständnis der Bibel dienen sollte. Es war immer wieder kopiert worden, da es von den Gebildeten im Sinne eines Konversationslexikons benutzt wurde, so dass auch für Gutenbergs Zeit ein guter Absatz sicher scheinen musste. Da es sich beim Catholicon um eine große Textmenge handelte, wurde eine Schrift in relativ kleinem Grad geschnitten, um die Seiten ökonomisch füllen zu können. Die Auflage des Catholicon war für damalige Verhältnisse sehr hoch, es wurden etwa 300 Exemplare mit jeweils 744 Folioseiten gedruckt. Im Kolophon dieses Werkes wird angegeben, dass das Buch in Mainz gedruckt wurde und dass der Druck im Jahre 1460 vollendet wurde: "... ist im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1460 in Mainz, der Mutterstadt der glorreichen deutschen Nation, ...., dieses vortreffliche Buch Catholicon, nicht mit Hilfe von Schreibrohr, Griffel und Feder, sondern mit der wunderbaren Harmonie und dem Maß der Typen und Formen gedruckt und vollendet worden." Der Name des Druckers ist nicht angegeben. Bis heute gibt dieses Werk der Forschung noch Rätsel auf.

Nach der bewegten, insgesamt aber doch außerordentlich produktiven Zeit in Mainz zwischen 1448 und den frühen 60er Jahren brachten die politischen Entwicklungen - dieses Mal die Reichspolitik - Gutenberg gegen Ende seines Lebens noch erhebliche Schicksalsschläge bei. 1459 wurde Diether von Isenburg-Büdingen zum Erzbischof und damit auch Erzkanzler des Reichs gewählt. Dieser berief 1461 einen Kurfürstentag nach Nürnberg ein und ernannte den mit einem päpstlichen Bann belegten Gregor von Heimburg zu seinem Berater. Abgesehen von diesem Affront beschloss man, ein Konzil in Frankfurt einzuberufen. Mit geschickten Schachzügen verstand es der Papst, Diether von Isenburg zu isolieren und Adolf von Nassau, seinen unterlegenen Gegner bei der Wahl 1459, zum Gegenkandidaten aufzubauen. Nachdem auch der Kaiser zugestimmt hatte, sprach der Papst die Absetzung Dieters und die Ernennung Adolf von Nassaus zum Mainzer Erzbischof aus. Die Mainzer Bürger erklärten sich für den Isenburger, besonders da dieser ihnen versprochen hatte, die Privilegien des Klerus im Zusammenhang mit dem Weinhandel abzuschaffen. Aus der Fust-Schöfferschen Offizin erschien nun eine Reihe gedruckter Flugblätter, die teilweise für Diether und teilweise für Adolf Stellung bezogen - so begann schon früh die Vereinnahmung der Druckkunst für die Innenpolitik, eine neue Waffe der Auseinandersetzung war auf den Plan getreten.

Am 30. Juni 1462 wurden die Verbündeten Adolf von Nassaus durch Friedrich von der Pfalz geschlagen. In der Nacht vom 28. Oktober 1462 überfiel der Nassauer mit seinen Verbündeten die Stadt Mainz mit etwa 500 bewaffneten Soldaten, die in die Stadt eindrangen; mehrere tausend Mann zu Fuß und zu Pferde belagerten die Stadt. Als der Kampf zu Ende ging, waren vierhundert Mainzer Bürger im Kampf gefallen. Die Hilfstruppen des Isenburgers kamen zu spät, Adolf von Nassau hatte Mainz in seiner Gewalt. Am folgenden Tag wurden alle Bürger der Stadt zusammengerufen. 800 erschienen, wurden umringt und mit Gewalt aus der Stadt vertrieben. Die Vertriebenen verloren all ihren Besitz, ihre Höfe wurden enteignet zugunsten der Anhänger des neuen Erzbischofs. Zur Fastnacht 1463 wurden die Vertriebenen wieder nach Mainz beordert. 15 wurden ins Gefängnis geworfen, ungefähr 300 durften in der Stadt bleiben, aber 400 Bürger mussten die Stadt wieder verlassen und sich unter Eid verpflichten, sie auf Dauer zu meiden.

Zu denen, die am 30. 0ktober 1462 aus der Stadt Mainz vertrieben wurden, gehörte auch Gutenberg mit seinen Mitarbeitern. Die meisten seiner Setzer und Drucker zogen in andere Städte und andere Länder, wo sie ihre Kenntnisse zu nutzen wussten und weitervermittelten. Für Gutenberg, den man - nach damaliger Rechnung - wohl zu diesem Zeitpunkt als alten Mann bezeichnen muss, bot sich Eltville als Zufluchtsort an. In Eltville hatte er, mit dem Mann seiner Nichte, Verwandtschaft und mit den Eheleuten Gretchen Schwalbach und Heinrich Bechtermünze auch langjährige gute Bekannte. So lebte Gutenberg wieder - unfreiwillig - im Exil.

Die letzten Jahre

In Eltville entstand eine neue Druckerei, deren Einrichtung sicherlich von Gutenberg geleitet und beaufsichtigt wurde. Sie gehörte den Brüdern Heinrich und Nicolaus Bechtermünze und befand sich im Bechtermünzer Hof. Hier wurde 1465 bis 1467 ein lateinisches Werk, das "Vocabularius ex quo", gedruckt. Im

Januar 1465 wurde Gutenberg durch ein Schreiben des Erzbischofs Adolf von Nassau seiner Verdienste wegen gewürdigt und zum "Hofmann" Adolf von Nassaus ernannt. Die Ehre, eine von vielen Maßnahmen, vergangenes Unrecht wieder gutzumachen, war mit materiellen Vergünstigungen verbunden: Er wurde sozial sicher gestellt, erhielt ein Hofkleid jährlich sowie 2180 Liter Korn und 2000 Liter Wein, abgabenfrei. Die Naturalien wurden Gutenberg in Mainz ausgeliefert, woraus zu schließen ist, dass er entweder schon wieder dort wohnte oder seine Zeit zwischen Eltville und Mainz aufgeteilt hatte.

Die öffentliche Ehrung des Erfinders beweist, dass sein Schaffen keineswegs von den Zeitgenossen unbeachtet geblieben waren, sondern dass man bis zu einem gewissen Grade die Bedeutung und Tragweite schon erkannte. Eine Anfeindung der neuen Technik war nicht gegeben, statt dessen wurde sie unmittelbar für die unterschiedlichen Zwecke eingesetzt, nicht nur im Sinne der christlichen Lehre, sondern auch schon als politisches Kampfmittel und, beim Einblattdruck, als unbegrenztes Massenprodukt, im Sinne von Formularmaterial für kommerzielle und verwaltungstechnische Zwecke.

Die Ernennung zum Hofmann ist das letzte Dokument, das vom Leben des Erfinders Nachricht gibt. Wir können schließen, dass er seine letzten Lebensjahre wohl versorgt wohl vor allem in Mainz verbrachte. In einer Chronik findet sich die Notiz: "Hansz Gutenberger wohnet in der Algesheimer Bursch", womit der Algesheimer Hof neben der Christophskirche in Mainz gemeint war. Drei Jahre nach der Ernennung zum Hofmann starb Gutenberg. Aus einer Eintragung in einem nach Gutenbergs Tod gedruckten Buch erfahren wir, dass Gutenberg am St. Blasius-Tag starb, demnach am 3. Februar des Jahres 1468. Er wurde in der Kirche des Hl. Franziskus begraben. Da Kirche und Kirchhof später zerstört wurden, ist damit auch das Grab Gutenbergs verloren.

Seit 1540 wird die Jahrhundertfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst gefeiert. Gutenberg als Persönlichkeit, dem diese Erfindung zu verdanken ist, wurde allerdings erst seit der französischen Revolution besonders herausgestellt. 1827 wurde in Mainz ein erstes Gutenberg-Denkmal errichtet; 1837 unter internationaler Beteiligung ein größeres Denkmal, von Bertel Thorvaldsen geschaffen, eingeweiht. Im Andenken an den großen Sohn der Stadt wurde im Jahre 1900 das Gutenberg-Museum in Mainz gegründet, wie dann auch die Internationale Gutenberg-Gesellschaft. So wurde dem Andenken Johannes Gutenbergs in seiner Heimatstadt Rechnung getragen.

Mainz-Ansicht aus der Schedelschen Weltchronik, 1493 Gutenberg-Museum Mainz
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