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Blog Ingelheimer Winzerkeller

Der Garten ist eine grüne Indoor-Oase, genau dort, wo früher Weinfässer rollten und Trauben gepresst wurden. Orangen und Zitronen hängen von den Bäumen, die Luft ist voller Sonnenlicht. Von hier regierte Karl der Große die Welt, seine Kaiserpfalz stand nur wenige hundert Meter entfernt. Und seit dieser Zeit bauen sie hier in Ingelheim jene Reben an, von denen sie die tiefroten Weine keltern, für die Ingelheim bis heute berühmt ist. Ungefähr 50 davon kann man hier probieren, in der Vinothek oder im Restaurant des Winzerkellers Ingelheim gleich neben dem Garten – der Best Of Wine Tourism-Award (national und international) für Architektur, Parks und Gärten hätte kaum besser vergeben werden können.

"Das Kelterhaus wurde 1904 gebaut, in nur einem Jahr", erzählt Katharina Ferch. Die alten Kacheln des Kelterhauses sind noch an den Wänden zu sehen, alte Fotographien zeigen, wie sie einst hier arbeiteten. Stolze Männer in altmodischen Anzügen, Arbeiter in einfacher Arbeitskluft, sie alle posieren für den Fotografen, zeigen her ihre Arbeit, ihre Leistung. Wir stehen in der alten Kelterhalle, einst die Heimat für bis zu 300 Winzer aus der Region – heute ein wunderschön designter Garten.

Der Winzerkeller Ingelheim war bis vor wenigen Jahren eine Genossenschaft, gegründet 1904 für die vielen kleinen Nebenerwerbswinzer mit ihren winzigen Weinbergen. Die Genossenschaft bot Hilfe beim Bewirtschaften und bei der Vermarktung der Weine, das gab Einkommen und Überleben für viele kleine Winzer. "Viele waren Winzer im Nebenerwerb", sagt Ferch. 300 Winzer waren in der Hochzeit hier Mitglied, nach dem Zweiten Weltkrieg sanken die Mitgliederzahlen, als immer mehr Nebenerwerbswinzer ihre Weinberge aufgaben, um in der Industrie im Rhein-Main-Gebiet zu arbeiten – nicht zuletzt beim Pharmakonzern Boehringer.

2011 löste sich die Winzergenossenschaft auf, ganze drei oder vier aktive Winzer hatte es zuletzt noch gegeben. Zu den Horten der innovativen Weinkultur waren ohnehin längst die vielen privaten Weingüter geworden, wo sie hoch moderne, mineralische und fruchtige Weine aus den Kalksteinböden der Ingelheimer Hänge machen. Die Stadt Ingelheim kaufte den Winzerkeller, als perfekten Ort für eine zentrale Vinothek. "Es gab schon immer ein Restaurant hier, und einen Tanzboden", sagt Ferch, "viele Ingelheimer haben hier ihre erste Tanzstunde erlebt."

Ferch wuchs in Ingelheim auf, heute leitete die studierte Kulturwissenschaftlerin die Abteilung Marketing und Kommunikation der städtischen Ingelheimer Kultur und Marketing GmbH (IKuM). "Die Idee für eine zentrale Vinothek gab es schon lange", sagt Ferch. Einen Ort, Winzer zu treffen, ihre Produkte zu verkosten, Weinkultur zu erleben – genau das bietet nun der Winzerkeller. Direkt neben dem Eingang hält die Tourist Informationen Tipps und Broschüren bereit, der Raum öffnet sich weiter zur Vinothek, wo die Weinflaschen in modernen Eisenregalen entlang der alten Steinwände warten. 24 Winzer und eine Brennerei wurden hier Teilhaber, um die Vinothek gemeinsam zu stemmen.

Drei Jahre und rund zehn Millionen Euro brauchte es für die Verwandlung des alten Kelterhauses in einen beeindruckenden Raum für Wein und Kultur. Der Garten füllt die alte Kelterhalle in der Mitte, zur linken serviert ein stylishes und dennoch gemütliches Restaurant Köstlichkeiten und natürlich Weine. An den Wänden warten flüssige Köstlichkeiten der einzelnen Winzer in kleinen Tresoren.

Im Untergeschoss erstreckt sich ein wunderschöner alter Gewölbekeller, ein atmosphärischer Raum für Hochzeiten, Meetings oder Weinproben. Ganz hinten finden sich rund ein Dutzend alter Betontanks in die Wände eingebaut, Überbleibsel der alten Weinkeller. "Wir richten diesen Teil gerade für Führungen in die Weinhistorie her", sagte Ferch. Erst im Mai 2019 öffnete der neue Winzerkeller seine Pforten, das Restaurant ging im November an den Start – vieles hier ist noch im Werden. Im Herbst soll das Ingelheimer Filmmusikfestival hier stattfinden, erste Weinevents sind terminiert – der Winzerkeller wird gerade zum neuen Hotspot für Wein und Kultur in Rheinhessen. 

Über die Bloggerin

Die Journalistin Gisela Kirschstein lebt seit 1990 in Mainz und ist unter anderem für ihre Website Mainz& ständig auf der Suche nach spannenden Themen aus Mainz und Rheinhessen. 2015 gewann sie den internationalen Bloggers' Contest der Great Wine Capitals.

Früher wurden hier Trauben gepresst, die Weinfässer rollten. Gisela Kirschstein
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