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Schiller im Spiegel der Stadtbibliothek. Materialien zu Schiller-Rezeption und Biographik

Eine virtuelle Ausstellung, erstellt im Jahr 2009 anlässlich des 250. Geburtstags Friedrich Schillers.

Einführung

Einführung

Die Wissenschaftliche Stadtbibliothek Mainz ist bekanntlich keine der zentralen Schiller-Gedenk- und Forschungsstätten. Als eine der größten kommunalen wissenschaftlichen Bibliotheken mit umfangreichem Altbestand und mehreren Sondersammlungen besitzt sie dennoch zahlreiches Material, das Aufschluss über die Schiller-Rezeption im 19. Jahrhundert allgemein und insbesondere in Mainz gibt.

Selbstverständlich sammelte die Stadtbibliothek von Anfang an die Ausgaben der Werke Friedrich Schillers und biographische Literatur. Neben wichtigen oder herausragenden Ausgaben aus diesem Bereich legt die Ausstellung besonderen Wert auf Spuren Schillers in den Sondersammlungen der Bibliothek. Im Spiegel dieser Bestände zeigt Schiller sich beispielsweise als viel gespielter Dramatiker auf dem Mainzer Theater und als häufig vertonter Autor, wie die Sammlung von Theaterzetteln und die Theaterbibliothek zeigen. Auch der Mainzer Komponist Peter Cornelius beschäftigte sich mit Schiller; im Peter-Cornelius-Archiv der Stadtbibliothek finden sich mehrere Autographen mit Schiller-Bezug. Und nicht zuletzt war Schiller für das seit etwa 1810 aufgekommene Papiertheater beliebt: Die Sammlung Scholz (mit Druckerzeugnissen des Mainzer Verlages Joseph Scholz) enthält zahlreiche Papiertheaterbögen zu Dramen von Schiller.

Ausgaben

Anthologie auf das Jahr 1782. Tobolsko [d. i. Stuttgart]: [Metzler, 1782]. Sign.: 55/4

Die Anthologie auf das Jahr 1782 erschien zwar anonym, eine Voranzeige machte jedoch Schiller als Herausgeber bekannt. Sie enthält 83 Stücke, davon 48 von Schiller selbst, darunter alle bis dahin veröffentlichten Gedichte und die Oden an Laura. Mehrere Gedichte sind parodistische Gegenstücke zu entsprechenden Stücken in Gotthold Friedrich Stäudlins Schwäbischem Musenalmanach auf das Jahr 1782; auch die Vorreden greifen diesen satirisch an. Stäudlin hatte in seinem Musenalmanach, der bereits im September 1781 erschienen war, ein Gedicht Schillers nur verkürzt gebracht und andere vermutlich zurückgewiesen. Dies war Anlass für Schiller, mit ihm in Wettstreit zu treten und mit der Arbeit an einer eigenen Anthologie zu beginnen.

Historischer Calender für Damen für das Jahr 1792. Von Friedrich Schiller. Leipzig: Göschen, [1791]. Sign.: 792/22

Die Geschichte des Dreyßigjährigen Kriegs erschien in der ersten Ausgabe bei Göschen ab 1790 in mehreren Teilen im Historischen Calender für Damen für die Jahre 1791, 1792 und 1793. Sie erfreute sich von Anfang an eines großen Publikumsinteresses. Nach der Uraufführung und Drucklegung von Schillers Wallenstein (1800) verstärkte sich der Erfolg nochmals, weshalb Schiller 1801 mit der Revision des Textes für eine Neuausgabe begann, die 1802 in zwei Bänden, ebenfalls bei Göschen, erschien.

Musen-Almanach für das Jahr 1796. Herausgegeben von Schiller. Neustrelitz: Michaelis, [1795]. Sign.: 55/157 o

Im Dezember 1795 erschien der erste von Schiller herausgegebene Musenalmanach, der u. a. Die Macht des Gesanges, Der Tanz, Die Ideale und Würde der Frauen von Schiller sowie Beiträge von Goethe und Vertonungen einzelner Gedichte von Johann Friedrich Reichardt enthält.
Schillers Musenalmanach war eine der bekanntesten Sammlungen dieser seit etwa 1770 in Deutschland etablierten literarischen Publikationsform.

Gedichte von Friedrich von Schiller. Erster und zweyter Theil. Reutlingen: Mäcken, [1803-06?]. Sign.: 803/13

Bei dieser Gedichtausgabe handelt es sich um einen Nachdruck, der nicht ganz eindeutig zu datieren ist. Die erste von Schiller autorisierte Gedichtausgabe erschien in zwei Bänden (1800 und 1803) bei dem Leipziger Verleger Crusius. Als der zweite Band erschien, war der erste bereits vergriffen, und es waren mehrere unautorisierte Nachdrucke auf dem Markt. In der Vorerinnerung des zweiten Bandes (datiert mit Ostermesse 1803) verwahrt sich Schiller gegen eine dieser Ausgaben.

Genau diese Vorerinnerung ist in der Ausgabe von Mäcken im ersten Band abgedruckt, mit unveränderter Datierung – weshalb die Ausgabe in der Stadtbibliothek auch mit 1803 datiert wurde. Im zweiten Band allerdings wendet sich der Verleger selbst "An die Leser" und spricht darin von Schiller als einem "Verewigten", er ist also nach Schillers Tod erschienen. Zudem wird hier von einer "Dritten von neuem durchgesehenen Auflage" gesprochen, was sich wahrscheinlich auf die 1804–1805 bei Crusius erschienene zweite Auflage bezieht – die dritte Auflage bei Crusius kam übrigens 1807–1808 heraus.

Friedrich von Schillers sämmtliche Werke. Zwölf Bände. Stuttgart: Cotta, 1812-1815. Sign.: 55/157

Die erste Gesamtausgabe der Werke Schillers, herausgegeben von Schillers Freund und Förderer Christian Gottfried Körner, wurde in einer Gesamtauflage von 6000 Exemplaren und mit "Königl. Sächsischen und Königl. Westphälischen allergnädigsten Privilegien" gedruckt - dieses Privileg war noch von Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoleons, vergeben worden.

Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805. Sechs Bände. Stuttgart: Cotta, 1828-1829. Sign.: 29/73 a

Erstausgabe des Briefwechsels zwischen Schiller und Goethe.
Goethe hatte von Schillers Familie die eigenen Briefe zurück erhalten und bereitete ab 1823 die Drucklegung des Briefwechsels vor. Nach einigen Verzögerungen, die auch mit finanziellen Forderungen der Erben Schillers an den Verlag zu tun hatten, erschien die Ausgabe 1828–29 in sechs Bänden. Sie umfasst 971 Briefe; einige wenige hielt Goethe zurück.

Schiller's sämmtliche Werke. Vollständige Ausgabe in einem Bande. München: Cotta, 1830. Sign.: 55:4°/9

Diese Ausgabe der Werke Schillers stammt aus dem Nachlass von (Konrad) Alexis DuMont (1819–1885), der 1877–1885 Mainzer Bürgermeister (ab 1881 Oberbürgermeister) war und der Stadtbibliothek seine etwa 2000 Bände umfassende Büchersammlung vermachte.
Die Bezeichnung "in einem Bande" ist irreführend; tatsächlich handelt es sich um zwei Abteilungen die jeweils in einem Band erschienen sind.

Schiller und Lotte. 1788. 1789. Hrsg. von Emilie von Gleichen-Rußwurm. Stuttgart: Cotta, 1856. Sign.: 17/2108

Von Schillers jüngster Tochter zusammengestellte erste Ausgabe eines Teils des Briefwechsels der Eltern. Die Veröffentlichung war ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis Schillers.

Schillers Gedichte mit Holzschnitten [...]. Stuttgart: Cotta, 1869. Sign.: 55:4°/10

Für die Prachtausgabe der Gedichte Schillers zu dessen 100. Geburtstag beauftragte der Verleger Cotta mehrere Vertreter der Münchner Schule mit Illustrationen. Er erprobte hierfür eine neuartige Kombination von Fotografie und Holzstich, was zu unvorhergesehenen Verzögerungen führte, so dass die Ausgabe bis 1862 in 16 Teillieferungen erscheinen musste. Die Herstellung fotografischer Vignetten erwies sich noch als zu aufwändig und kostspielig, um Schule zu machen. Die hier gezeigte nächste Prachtausgabe der Gedichte Schillers von 1869 verzichtete denn auch auf Fotografien. Sie enthält 289 Textholzschnitte (inkl. Initialen und Ornamenten) und 16 Holzschnitttafeln mit Holzschnitten nach Zeichnungen u. a. von Hans Makart, Karl von Piloty, Ferdinand Piloty, Arthur von Ramberg, Ferdinand Rothbart, Julius Schnorr, Moritz von Schwind und Eduard Schwoiser.

Biographisches

Schilleriana das ist Leben, Characterzüge, Begebenheiten und Schriften des verstorbenen Hofrath und Professor Friedrich von Schiller. Hamburg: Vollmer, [1809]. Sign.: 809/56

Eine der frühesten Schiller-Biographien, deren Verfasser unbekannt ist. Eine Rezension in der Allgemeinen Literatur-Zeitung vom April 1810 lässt allerdings kaum ein gutes Haar an dieser Schrift: "Treffende Urtheile, einen Reichthum interessanter, noch nicht bekannter biographischer Züge und Anekdoten sucht man [...] vergebens. [...] Einen besonderen Sinn aber scheint er [der Verfasser] für literarische Klatschereyen und Fehden von mehr berüchtigter als berühmter Art zu hegen."

Karoline von Wolzogen: Schillers Leben. Verfasst aus Erinnerungen seiner Familie, seinen eigenen Briefen und den Nachrichten seines Freundes Körner. [2. Auflage.] Stuttgart: Cotta, 1845. Sign.: 29/81 a

Mit seiner Schwägerin Karoline von Wolzogen (1763-1847) verband Schiller eine intensive Beziehung, die nicht zuletzt auf gemeinsamen literarischen Interessen beruhte. Karoline von Wolzogen, Schwiegertochter von Schillers Gönnerin aus Bauerbacher Tagen, Henriette von Wolzogen (1745-1788), tat sich schriftstellerisch v. a. durch zwei Werke hervor, den Roman Agnes von Lilien, der 1796/97 in Schillers Zeitschrift Die Horen erschien, und die 1830 erstmals veröffentlichte Schiller-Biographie.

Schiller's Beziehungen zu Eltern, Geschwistern und der Familie von Wolzogen. Aus den Familien-Papieren mitgetheilt. Hrsg. von Alfred von Wolzogen. Stuttgart: Cotta, 1859. Sign.: 29/65 c

Alfred von Wolzogen (1823-1883), Enkel von Henriette von Wolzogen, übernahm auf Wunsch von Schillers jüngster Tochter Emilie von Gleichen-Rußwurm (1804-1872) die Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen Briefe der Eltern und Geschwister des Dichters sowie der Briefe seiner Großmutter. Die Ausgabe erschien im Schillerjahr 1859.

Julius Burggraf: Schiller's Frauengestalten. 2. Auflage. Stuttgart: Krabbe, 1900. Sign.: 17/275 ec

Julius Burggraf (1853-1912) beschäftigt sich in dieser Arbeit sowohl mit den Frauengestalten in Schillers Leben als auch denjenigen seiner Werke. Den sehr dekorativen Einband gestaltete der Lithograph, Maler und Illustrator Fritz Reiss (1857-1916).

J[akob] Wychgram: Schiller. Dem Deutschen Volke dargestellt. 4. Auflage. Bielefeld: Velhagen und Klasing, 1901. Sign.: 17/275 hc

Eine der üppigsten und am aufwändigsten ausgestatteten Schiller-Biographien, die reichhaltiges Bildmaterial mit eingehefteten Faksimiles von Briefen und sonstigen Handschriften, Titelblättern und anderen Dokumenten enthält, verfasst von dem Pädagogen Jakob Wychgram (1858-1927). Die erste Auflage erschien 1895.

Gustav Könnecke: Schiller. Eine Biographie in Bildern. Festschrift zur Erinnerung an die 100. Wiederkehr seines Todestages am 9. Mai 1905. [...] Marburg: Elwert, 1905. Sign.: 17:4°/108

Der Literaturhistoriker und Archivar Gustav Könnecke führte seit 1878 als einer der ersten in Deutschland mit archivischen Spezial- und Dauerausstellungen moderne Formen der Wissensvermittlung ein und wollte damit eine breite Öffentlichkeit erreichen. In diesem Zusammenhang sind auch seine Veröffentlichungen zu sehen. Besonders durch den Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur, der 1887 in einer ersten Auflage erschien, wurde Könnecke bekannt. Die Schiller-Biographie in Bildern ist nach dem gleichen Prinzip erstellt. Sie enthält v. a. zahlreiche Porträts von Personen aus Schillers Umkreis und von Schiller selbst, aber auch Abbildungen von Gebäuden oder Ausgaben und Faksimiles, jeweils mit kurzen Erläuterungen, und ist damit eine Art Schiller-Ausstellung in Buchform.

Alexander von Gleichen-Rußwurm: Schiller. Die Geschichte seines Lebens. Stuttgart: Hoffmann, 1913. Sign.: 17/1566

Alexander von Gleichen-Rußwurm (1845-1947) wurde aufgrund des frühen Todes seiner Mutter von seiner Großmutter Emilie von Gleichen-Rußwurm (1804-1872), der jüngsten Tochter Schillers, erzogen. Das Andenken an den berühmten Vorfahren wurde in der Familie stets hochgehalten, so dass es für den schriftstellerisch tätigen Urenkel nahelag, auch eine Schiller-Biographie zu veröffentlichen.

Schiller. Bilder von Karl Bauer. Mainz: Scholz, [1921] (Vaterländisches Bilderwerk / Scholz' Künstler-Bilderbücher). Mainz: Scholz, [1921]. Sign.: Scholz 137, 3

Anfang des 20. Jahrhunderts entstand im Scholz-Verlag die künstlerisch anspruchsvolle Reihe Das Deutsche Bilderbuch (später Scholz' Künstler-Bilderbücher). Der Anspruch war eine "echt künstlerische und doch kindliche Ausführung der Bilder" bei guter technischer Qualität und bezahlbaren Preisen. Im Rahmen der Künstler-Bilderbücher erschien auch Karl Bauers Schiller, das zugleich zu der von Wilhelm Kotzde (eigentlich Kottenrodt) herausgegebenen Reihe Vaterländisches Bilderwerk gehört. Auch für diese von Nationalbewusstsein geprägte Reihe wurden "erste Künstler" beauftragt; für den Schiller-Band Karl Bauer (1868-1942), der für seine Porträtlithographien berühmter Persönlichkeiten bekannt war.

Schiller auf dem Mainzer Theater

Das Mainzer Theater zu Schillers Lebzeiten

In der Zeit der ersten Aufführungen von Werken Schillers war Johann Heinrich Böhm (um 1740-1792) Direktor des Mainzer Komödienhauses, das 1780-1783 bestand. Unter seiner Leitung wurden am 30. Januar 1783 Schillers Räuber in Mainz aufgeführt, gut ein Jahr nach der Uraufführung in Mannheim (13. Januar 1782). Zu dieser Aufführung ist in der Stadtbibliothek leider kein Theaterzettel überliefert.
Der Schauspieldirektor Gustav Friedrich Wilhelm Großmann (1743-1796), durch den am 13. April 1784 die Uraufführung von Kabale und Liebe in Frankfurt stattfand, folgte Böhm mit seiner Truppe, die abwechselnd in Mainz und in Frankfurt spielte, bis 1786 nach.

Tagebuch der Mainzer Schaubühne. Hrsg. von Aloys Schreiber. Frankfurt/Main, 1788. Sign.: Mog 713

Der Publizist Aloys Schreiber (1761 oder 1763-1841), Vertreter der Idee der Nationalbühne, gab 1788 die Zeitschrift Tagebuch der Mainzer Schaubühne heraus. Der Begriff der Nationalbühne implizierte den Anspruch einer bürgerlichen Theaterkultur, die eine gesellschaftliche Wirkung haben sollte, was genau dem Ideal Schillers entsprach, wie er es in seiner Rede Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet formuliert hatte. Im Gegensatz zum Hoftheater sollte das Nationaltheater ganz vom Bürgertum getragen sein und im Gegensatz zur Wanderbühne fest in einem bestimmten Wirkungskreis verankert. In Schreibers Tagebuch findet sich neben Besprechungen und anderen ästhetischen Betrachtungen zum Theater auch der Plan zur Errichtung einer stehenden Bühne in Mainz, der diesem Ideal Schillers folgt.
Zwischen Ideal und Wirklichkeit trat jedoch eine deutliche Diskrepanz hervor, so auch in Mainz. Das lag vor allem daran, dass sich ein Nationaltheater nur durch einen Kompromiss etablieren konnte: Die Anlehnung an einen Hof erschien notwendig, um ein stehendes Theater wirtschaftlich erhalten zu können. In Mainz wurde der Kompromiss mit dem Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal (1719-1802) geschlossen, der als Intendanten den Reichsfreiherrn Friedrich Franz Karl von Dalberg (1751-1811), einen Vetter des Mannheimer Theaterleiters, einsetzte.

Theaterzettel zur Vorstellung von Kabale und Liebe am 18. März 1807 und von den Räubern am 20. Mai 1807. Sign.: Mog:4°/213, 1807

Eine wichtige Informationsquelle über das Repertoire des Mainzer Theaters ist die Theaterzettelsammlung der Stadtbibliothek. Sie ist ab der Saison 1826/27 lückenlos, aus den Jahren davor finden sich vereinzelte Zettel für die Jahre 1792, 1793, 1797 und 1806–1813.
Der älteste Theaterzettel in der Sammlung der Stadtbibliothek, der die Aufführung eines Schiller'schen Stückes anzeigt, ist vom 18. März 1807 (Kabale und Liebe).

T. Donak: Tagebuch der gegebenen Vorstellungen von hiesiger deutschen Schauspieler-Gesellschaft vom 6ten Juni bis den 27ten Oktober 1811. Mainz: Buchdruckerei der Mairie, 1811. Sign.: Mog m 748, 1811

Die Mainzer Theater-Tagebücher (oder Journale) der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geben Auskunft über das Theaterpersonal und darüber, welche Stücke an welchem Datum zur Aufführung kamen; teilweise werden auch besondere Leistungen von Schauspielern, Gastspiele oder Debüts vermerkt. Zusammengestellt wurden diese Tagebücher jeweils von den Souffleuren, die somit auch als Theaterchronisten fungierten.
Aus den Theater-Tagebüchern der Stadtbibliothek geht hervor, dass Schillers Dramen einen festen Platz im Mainzer Repertoire hatten. Es verging kein Jahr, in dem nicht mindestens vier- bis fünfmal Schiller gegeben wurde. Einige andere Autoren, wie beispielsweise August von Kotzebue, wurden jedoch deutlich häufiger gespielt.

Theaterzettel zur Vorstellung von Maria Stuart am 1. September 1855. Sign.: Mog:2°/43, 1855/56

Seit 1833 nannte sich die Mainzer Bühne Stadttheater, nachdem sie zuvor als Kurfürstlich Mainzer Nationaltheater (seit 1791) und Großherzoglich-Hessische Nationalbühne (seit 1817) firmiert hatte. In Schillers 50. Todesjahr wurde die Saison des Mainzer Stadttheaters mit Maria Stuart eröffnet.

Schiller im Papiertheater

Papiertheater des Mainzer Verlages Joseph Scholz

In der theaterbegeisterten Epoche des Biedermeier wurden im häuslichen Kreis des Bürgertums gerne Theatererlebnisse nachgespielt und vertieft. Dies diente der Bildung und nützlichen Beschäftigung der Jugend, der so das Opern- und Schauspielrepertoire nahegebracht wurde.
Die ersten Papiertheater entstanden ab etwa 1810 in England; in Deutschland brachten zwischen 1830 und 1840 die ersten Firmen, darunter Joseph Scholz in Mainz, entsprechende Materialien heraus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging die große Zeit des Papiertheaters vorbei. Deutsche Papiertheater erschienen bis in die 1930er Jahre; Scholz stellte wohl seine Produktion um 1900 ein, und mit dem Ausverkauf der Lagerbestände war das Kapitel Papiertheater für den Verlag abgeschlossen. Zwischen 1830 und 1900 hatte Scholz ca. 300 Theaterbogen herausgebracht.

Proszenium Nr. 7. Mainz: Scholz, [um 1880]. Sign.: GS 32, [6], 2

Figuren und Dekorationen des Papiertheaters wurden als Bilderbogen gedruckt, die als Ausschneidevorlagen dienten. Als Material wurden auf den Bogen alles geliefert, was zum Bau einer Bühne erforderlich war: Bühnenfronten ("Proszenien"), Vorhänge, Hintergründe, Kulissen, Soffitten, Versatzstücke und Figuren. Dabei waren einige Elemente auch vielfach verwendbar, wie z. B. manche Hintergrunddekorationen und Kulissen, die ein Dorf, eine Stadt, ein Gebirge oder einen Wald darstellten.

Große Neue Dekorationen zu Wilhelm Tell: Gebirgsgegend, Kulissen. Nach Entwürfen von C[arl] Beyer. Mainz: Scholz, [um 1880]. Sign.: GS 32, [3], 114 A

Als Vorlage für die frühen Theaterbogen des Scholz-Verlages dienten zeitgenössische Kostümalben und Bühnenstiche. Zahlreiche Bogen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden nach Bühnenbildern des Darmstädter Hoftheaters gestaltet.

Figurenbogen zu Wallenstein's Lager. Mainz: Scholz [um 1880]. Sign.: GS 32, [5], 285

Im Gegensatz zu den Hintergründen und Proszenien waren die Figurenbogen mit ihren charakteristischen Posen und allseits bekannten Kostümen nur für die benannten Stücke verwendbar. Die Figuren wurden gegebenenfalls koloriert, ausgeschnitten, gegebenenfalls koloriert, auf Karton oder Sperrholz aufgeklebt und mit einem Standklötzchen sowie einem Stab versehen, wodurch sie von oben oder von außerhalb der Seitenkulissen bewegt werden konnten.

Anna John: Wilhelm Tell. Schauspiel in 3 Akten für das Kindertheater bearbeitet. Mainz: Scholz, [ca. 1920]. Sign.: Scholz 438

Die Texthefte sind wesentlich schlechter überliefert als die dazugehörigen Theaterbogen, vermutlich waren sie zum einen seltener Sammelobjekte, zum anderen auch größerem Verschleiß unterlegen. Über die Bearbeiter der Texte lassen sich häufig keine Daten ermitteln, da die wenigsten als Autoren ausgewiesen sind. Dies gilt auch für Anna John (d. i. vermutlich Pauline Scholz, 1841–1914), die für den Scholz-Verlag insgesamt 23 Stücke bearbeitete, darunter Schillers Wilhelm Tell, Wallenstein und wahrscheinlich auch Die Räuber, bei deren Textheft jedoch die Verfasserangabe fehlt.

Die Texte der Papiertheaterstücke wurden kindgerecht adaptiert, was zu starken Kürzungen (die Spieldauer betrug meistens nicht mehr als eine Viertelstunde) und einer Vereinfachung des Inhalts führte.

Von Schiller inspiriert

X** Y*** Z* [d. i. Emanuel Friedrich Wilhelm Ernst Follenius]: Friedrich Schillers Geisterseher. Aus den Memoires des Grafen von O**. Zweiter und Dritter Theil. Straßburg: Grünefeld, 1796. Sign.: 55/1523

Schillers Roman Der Geisterseher. Aus den Papieren des Grafen von O** erschien 1787 bis 1789 in Fortsetzungen in der Thalia. Von Schiller selber als "Schmiererei" bezeichnet hatte er großen Erfolg beim Publikum. Obwohl sich die Romanfortsetzung finanziell gelohnt hätte, brach Schiller die Arbeit daran ab. Mehrere Schriftsteller setzten das Fragment fort. Die bekannteste Version ist diejenige von Emanuel Friedrich Follenius (1773-1809), die allerdings nur lose an Personen und Handlungsorte des Vorbilds anknüpft.

Philipp von Foltz: Wilhelm Tell. Gezeichnet nach Schillers Schauspiel. Bingen, 1825. Sign.: 55:4°/8

Philipp von Foltz (1805-1877), in Bingen geboren, zeichnete seine Szenen zu Wilhelm Tell um 1820. Zu Beginn seines Studiums konnte er sie bei Peter von Cornelius in München bereits vorzeigen. Zu sehen ist die Zeichnung zur dritten Szene des dritten Aufzugs: "Der Apfel ist getroffen!"

Peter Cornelius: Varianten zu Schiller. Gedicht. Autograph. [Frühjahr 1845?] sowie Notizbuch. Sign.: PCA Gedichtmappe, Nr. 2 bzw. PCA Nb 21

Der angereicherte Nachlass des Mainzer Dichterkomponisten Peter Cornelius (1824-1874) befindet sich seit 1950 als "Peter-Cornelius-Archiv" in der Stadtbibliothek. Das Archiv ist die international größte und bedeutendste Sammlung von Eigenschriften Cornelius'. Auch Cornelius hat sich, ganz Kind seiner Zeit, mit Schiller befasst; sowohl als Komponist als auch als Dichter. Eine Gedichtmappe enthält originelle Varianten zu "Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der Dritte" aus der Bürgschaft. Und in einem der insgesamt 58 Tage- und Notizbücher findet sich das Gedicht Mit einem Blumenkranz auf Schillers Gruft, das Cornelius zu Schillers 50. Todestag am 9. Mai 1855 verfasst hat. Der Einband dieses Notizbuchs ist mit einer Goldpräge gestaltet, die Schiller darstellt.

Ich sei, gewährt mir's Ihr Schweine
Fern Eurem Bunde alleine.

Ich sei o mein Lieb, dir zur Seite
Im schönsten Bunde der Zweite.

Gern wär' ich, wenn's Euch nicht genirte
In diesem Bunde der Vierte.

Ich sei in der schönsten der Zünfte
Gewährt mir's o Freunde, der Fünfte

Ich sei, variierend im Texte
Nach Schiller, im Bunde der Sechste.

Ich sei, o vergönnt es, Geliebte
In Eurem Bunde der Siebte.

Ich wär, wenn's bequem sich so machte,
Im Bunde hier gerne der achte.

Ihr würdigen Häupter, gebräunte
Und grau – nennt meines das neunte!

Ich sei, ein mit Würden belehnter
Begrüßt hier im Bunde als Zehnter!

Heinrich Laube: Die Karlsschüler. Schauspiel in fünf Akten. Leipzig: Weber, 1847. Sign.: 55/2306

Laube (1806-1884) bezeichnet es in der Einleitung zu seinem Schauspiel als "verwegene Idee, [...] den erst seit vierzig Jahren abgeschiedenen, unsrer Nation so vorzugsweise und so persönlich werthen Dichter zum Helden eines Theaterstücks zu wählen", die er dennoch verfolgte. Die Karlsschüler behandelt den "Schiller von Stuttgart, [...] den Verfasser der Räuber und des Fiesko", in dessen Entwicklung Laube eine gewisse Romantik entdeckte.
Entstanden war das Drama 1846; die Uraufführung war am 11. November 1846 (anlässlich Schillers Geburtstags) gleichzeitig in Dresden, Mannheim, München und Schwerin. Auch in Mainz kam das Stück bald darauf, am 16. Januar 1847, auf die Bühne.

O[tto] F[riedrich] Gruppe: Demetrius. Schiller's Fragment für die Bühne bearbeitet und fortgeführt [...]. Berlin: Bach, 1861. Sign.: 71/1995

Schillers Demetrius ist bis heute die wirkungsgeschichtlich einflussreichste Dramatisierung dieses Stoffes, obwohl er nur Fragment blieb. Einerseits entstanden nach Schillers Tod, angeregt durch dessen Fragment, eigenständige Demetriustragödien, andererseits haben einige Autoren das Fragment vollendet (darunter Otto Friedrich Gruppe 1861, Heinrich Laube 1869 und Carl Hardt 1905).

Schiller-Gallerie. Nach Original-Cartons von Wilhelm von Kaulbach [...]. Mit erläuterndem Text von E[rnst] Förster. Zehnte Auflage. München: Bruckmann, [ca. 1900]. Sign.: 17:4°/97

In diesem Prachtband findet sich zu 21 Dramen und Gedichten Schillers jeweils eine Bildtafel mit erläuterndem Text. Die Abbildungen stammen in der Hauptsache von Wilhelm von Kaulbach (1805-1874), Schüler von Peter von Cornelius in Düsseldorf und München, der u. a. durch seine Tätigkeit als Illustrator von Werken Goethes, Schillers, Homers, Klopstocks, Shakespeares, Herders, Heines und der Opern Wagners Bekanntheit erlangte. Zu sehen ist eine Abbildung zu Don Carlos.

Schiller in der Musik

Das Thema "Schiller in der Musik" ist in der Stadtbibliothek neben einzelnen Stücken aus dem Peter-Cornelius-Archiv vor allem durch Materialien aus der Theaterbibliothek und des in Mainz ansässigen Musikverlages Schott präsent.
Bei der Theaterbibliothek handelt es sich um Aufführungsmaterialien des ehemaligen Stadttheaters Mainz (heute Staatstheater), die seit 1985 in der Stadtbibliothek sind. Die Sammlung enthält Noten aus dem 19. und 20. Jahrhundert, teilweise in handschriftlicher Überlieferung. Die Werke wurden zum größten Teil im Mainzer Theater aufgeführt, wodurch die Sammlung einen Einblick in die hier übliche Spielpraxis gibt. Für bestimmte Aufführungen erstellte Fassungen sind mit handschriftlichen Anmerkungen versehen, Dirigierpartituren enthalten Hinweise auf Interpretationen, Kürzungen usw.

Gedichtvertonungen

In der Zeit um 1800 gehörten Schillers Gedichte zu der am häufigsten vertonten Lyrik. Zur  Popularisierung der Lyrik Schillers trugen damals v. a. Christian Gottfried Körner, Johann Friedrich Reichardt (ungeachtet dessen, dass die persönliche Beziehung zu Schiller keine gute war), Carl Friedrich Zelter und Johann Rudolf Zumsteeg bei.
Nach 1825 nahm das musikalische Interesse an Schillers Lyrik ab und es dominierten Heinrich Heine, Ludwig Uhland, Joseph von Eichendorff und – heute eher unbekannt – Emanuel Geibel. Nach 1905 ging das Interesse sogar noch weiter zurück; die meisten Lyrik-Vertonungen stammen also von Zeitgenossen Schillers. Außer einigen berühmten Schubert-Liedern und der Ode An die Freude in Beethovens Neunter Sinfonie ist davon im aktuellen Musikleben jedoch nicht mehr viel präsent.

Andreas Romberg: Die Glocke. Aufgeführt bei der Wiedereröffnung der musikalischen Akademie in Mainz. Mainz: Wirth, 1818. Sign.: Mog m 2176

Dem Lied von der Glocke kommt bei den Lyrik-Vertonungen eine herausragende Rolle zu. Die Vertonung Andreas Rombergs (1767-1821), heute fast vergessen, war im 19. Jahrhundert äußerst populär. 1809 wurde sie das erste Mal publiziert und bot aufgrund ihrer technischen Einfachheit den zahlreichen Liederkränzen eine gute Gelegenheit für repräsentative Konzerte. Keine andere Vertonung hat einen vergleichbaren Bekanntheitsgrad erreicht.

Peter Cornelius: Entwurf der Vertonung von Schillers Lied von der Glocke. Autograph. 14. April 1871. Sign.: PCA Mus ms 35

Cornelius (1824-1874) vertonte als Nr. 5 der Trauerchöre für Männerstimmen op. 9 die Verse 244–261 von Schillers Lied von der Glocke. Im Peter-Cornelius-Archiv finden sich hierzu mehrere Autographen: Ursprünglich war die Komposition für Solo und vierstimmigen Chor konzipiert; diese Fassung entstand 1869 und ist ohne Text im sog. "Gunlöd-Arbeitsbuch" zu finden. Zur überarbeiteten und später veröffentlichten Fassung für Männerchor zeigt die Ausstellung die mit 1871 datierte eigenhändige Skizze, die allerdings nur den Mittelteil und Schluss des Chores enthält.

Ludwig van Beethoven: Neunte Sinfonie, Partitur. Leipzig: Peters, [ca. 1890]. Sign.: 98 Q 210, 9

Mit Abstand am häufigsten wurde die Ode An die Freude vertont, was natürlich mit ihrer Beliebtheit zusammenhing. Direkt nach ihrer Veröffentlichung im Frühjahr 1786 in der Thalia erlangte sie eine Art Kultstatus. Die erste Vertonung stammt von Schillers Freund Christian Gottfried Körner (1756-1831).
Beethovens (1770-1827) Verwendung des Gedichts im Schlusschor seiner Neunten Sinfonie drückt seine hohe Wertschätzung Schillers aus. Die Uraufführung der Sinfonie fand am 7. Mai 1824 im Kärntnertortheater in Wien statt. Im Vormärz wurde sie nicht zuletzt wegen der enthaltenen Ode An die Freude Träger politisch-oppositioneller Stimmungen. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gehörte sie zu den Schlüsselwerken der Arbeitermusikbewegung, und während die Nationalsozialisten das Werk als Ganzes in ihrem Sinne zu deuten suchten, wurde die Ode An die Freude in den Konzentrationslagern als Freiheitssymbol verstanden. In der Nachkriegszeit wurde die „Freude-Melodie“ weiterhin als Symbol für Freiheit und Optimismus rezipiert und diente 1952–1966 der gesamtdeutschen Olympiamannschaft als Nationalhymne. 1972 wurde sie vom Europarat als Hymne angenommen; seit 1985 ist sie die offizielle Hymne der Europäischen Union.

Das hier gezeigte Exemplar trägt die Widmung "Ihrem l[ieben] Collegen Richard Eckhold zur Erinnerung an die erste Aufführung der 'Biondella'. Bernhard Sekles. Hans Pfitzner".
Die Uraufführung der Biondella fand am 16. Januar 1895 am Stadttheater Mainz statt. Zu dieser Zeit war Bernhard Sekles (1872-1934) Kapellmeister in Mainz, Hans Pfitzner (1869-1949) hielt sich als Dirigent ebenso in Mainz auf. Über den Komponisten der Biondella, Richard Eckhold (geb. 1855) ist wenig bekannt.

Bernhard Scholz: Nenie von Friedrich Schiller für Männerchor und Soli […] op. 87. Chorpartitur. Frankfurt/Main: B. Firnberg, [ca. 1898]. Sign.: ThB, Konzertmusik

Bernhard Scholz (1835-1916), in Mainz als Sohn von Christian Scholz geboren, sollte eigentlich das väterliche Geschäft der Lithographischen Druckerei und Verlag Jos. Scholz übernehmen. Von Anfang an spielte jedoch auch die Musik in seinem Leben eine wichtige Rolle, und nachdem er zwei Jahre in der Firma des Vaters gearbeitet hatte, studierte er bei Siegfried Dehn in Berlin und wirkte später als Musikpädagoge und Dirigent. 1883–1908 war er Direktor des Dr. Hoch'schen Konservatoriums in Frankfurt/Main. Bei Konzerten des Konservatoriums brachte er gelegentlich eigene Kompositionen, darunter vermutlich auch Nenie, zur Aufführung.

Oper

Gioacchino Rossini: Guillaume Tell. Partitur. Paris: Troupenas, [ca. 1830]. Sign.: ThB 264

Schillers Dramen haben auf unterschiedliche Weise Niederschlag in der Musik gefunden; zunächst basieren natürlich bekannte Beiträge zum Musiktheater auf Schillers Bühnenwerken. Interessanterweise verwendeten im Bereich der Oper im 19. Jahrhundert in erster Linie italienische Komponisten Schiller-Vorlagen. Zwischen 1813 und 1876 erschienen in Italien 19 Opern nach Schiller-Stoffen. Rossinis (1792-1868) letzte Oper Guilleaume Tell wurde 1829 in Paris uraufgeführt. Als Quelle für das Libretto diente u. a. Schillers Schauspiel Wilhelm Tell. Aufgrund ihrer Länge (etwa vier Stunden) wurde die Oper im 19. Jahrhundert zwar häufig, aber zumeist gekürzt aufgeführt, wie auch die Eintragungen und zusammengebundenen oder –geklammerten Seiten in der Partitur aus der Mainzer Theaterbibliothek zeigen.

J[ohann] Hoven [d. i. Johann Vesque von Püttlingen]: Turandot, Prinzessin von Schiras. Große Oper in zwei Akten. Bearbeitet nach Schiller. Textbuch. Mainz: Schott, 1843. Sign.: m:4°/8 a

Vollkommen vergessen ist heute Johann Vesque von Püttlingens (1803-1883) Oper Turandot. Der in Oppeln geborene Staatsmann nannte sich als Komponist Johann Hoven und war zu seiner Zeit besonders auf dem Gebiet der Oper erfolgreich. Neben Turandot, 1838 im Kärntnerthortheater in Wien uraufgeführt, schrieb er neun weitere Opern, darunter auch eine Jeanne d’Arc (1840). In Wien zählte sein Haus zu den musikalischen Mittelpunkten der Stadt.

Schauspielmusik

Bernhard Anselm Weber: Musik zu dem Trauerspiel Die Braut von Messina. Handschriftliche Partitur, [ca. 1870]. Sign.: ThB Konzertmusik

Eine weitere Art der Verarbeitung Schiller'scher Dramen in der Musik sind Ouvertüren, Zwischenakt- oder Bühnenmusiken, die bei Aufführungen des Sprechtheaters im 19. Jahrhundert regelmäßig gespielt wurden. Die für bestimmte Dramen komponierten Stücke waren auch meist für konkrete Aufführungen gedacht. Ihr Komponist war häufig der Kapellmeister des entsprechenden Theaters. Dies trifft auch auf Bernhard Anselm Weber (1764-1824) zu, dessen Bühnenmusik zur Braut von Messina am 14. Juni 1803 am Königlichen Theater in Berlin uraufgeführt wurde. Das Werk erschien niemals vollständig im Druck, wurde aber im 19. Jahrhundert immer wieder bei Theateraufführungen auch außerhalb Berlins gespielt.

Carl Maria von Weber: Ouverture zu Turandot. Handschriftliche Verlagsausgabe der Partitur, Leipzig: Breitkopf & Härtel, [ca. 1931]. Sign.: ThB Konzertmusik

Die insgesamt 24 Schauspielmusiken Carl Maria von Webers (1786-1826) entstanden in engem Zusammenhang mit seinen dienstlichen Verpflichtungen. Er griff dabei immer wieder auf frühere Kompositionen, die er umarbeitete, zurück; so wurde seine Ouvertura Chinesa (komponiert 1804/05) später zur Ouvertüre zu Schillers Turandot, die am 20. September 1809 in Stuttgart zur Aufführung kam. Insgesamt erlebte diese Musik nur wenige Aufführungen, auch unabhängig vom Schauspiel im Konzertsaal. In der Mainzer Theaterbibliothek findet sich eine vom Verlag Breitkopf & Härtel im von Auftrag Paul Breisach (1924–26 Generalmusikdirektor am Mainzer Stadttheater) geschriebene und von der Stadtverwaltung 1931/32 angekaufte Partitur der Ouvertüre, der jedoch eine Notiz beiliegt, dass sie nicht aufgeführt wurde.

Franz Willms: Musik zu Turandot von Schiller. Hand-schriftliche Violinstimme, [ca. 1919]. Sign.: ThB, Konzertmusik

Eine weitere Bühnenmusik zu Schillers Turandot stammt von dem gebürtigen Mainzer Franz Willms (1883-1946), der nach seinem Musikstudium ab 1919 in Mainz u. a. als Kapellmeister am Stadttheater wirkte. Sie wurde am 17. Mai 1919 in Mainz aufgeführt – fünf Tage nach ihrer Fertigstellung.

Schiller-Gedenken in Mainz

Verschiedene Drucksachen zur Schillerfeier 1859 in Mainz. Sign.: Mog m:4º/729, 1–4

Dass in Mainz eines Friedrich Schiller gedacht wird und dass 1862 ein Schiller-Denkmal errichtet wurde, liegt nicht daran, dass Schiller etwa einen besonderen Bezug zu Mainz hätte, obwohl es durchaus einige Berührungspunkte zwischen Schiller und Mainz gibt:
Auf der Flucht aus Württemberg machte Schiller u. a. hier Station. Am Nachmittag des 11. Oktobers 1782 kam er in Mainz an und besichtigte Dom und Stadt. Am nächsten Morgen setzte er seine Reise fort.
Außerdem bemühte sich Schiller ab November 1789 über mehrere Jahre immer wieder um eine Stelle in Mainz. Er setzte dabei seine Hoffnung auf Karl Theodor von Dalberg, Statthalter des Mainzer Kurfürsten in Erfurt und Koadjutor desselben. Die Mainzer Republik bereitete Schillers Anstrengungen in dieser Hinsicht jedoch ein Ende. Die Perspektive, dass er unter Dalberg als Kürfürsten nach Mainz kommen könnte, war verloren, und der Mainzer Republik selbst stand Schiller politisch skeptisch gegenüber.

Das Mainzer Schiller-Gedenken begründet sich jedoch anders:
Schiller war bereits 50 Jahre nach seinem Tod zum Klassiker par excellence geworden. Ab 1825 wurden in einzelnen Orten wie Stuttgart und Breslau Schillerfeiern veranstaltet. 1859 aber machten die zahlreichen parallel stattfindenden Veranstaltungen das Fest zu dem größten, das in Deutschland jemals zu Ehren eines Dichters gefeiert wurde. Über drei Tage wurde der 100. Geburtstag Schillers in 440 deutschen und 50 ausländischen Städten mit Festumzügen, Denkmalsenthüllungen, Festaufführungen und Reden gefeiert.

Bei der Durchführung dieser Feste gab es sicherlich viele Gemeinsamkeiten, aber letztendlich feierte jede Stadt auch ihr Fest mit dessen speziellen Eigenheiten, geprägt von den beteiligten Personen und Gruppen. Auch in Mainz fand zu diesem Datum eine große Schillerfeier statt, die durch umfangreiches Material in der Stadtbibliothek dokumentiert ist. Im Theater wurde am 10. November eine Festvorstellung mit Wallensteins Lager und Wilhelm Tell gegeben. Am Abend darauf gab es ein großes Festkonzert.

Theaterzettel des Mainzer Stadttheaters zur Festvorstellung zur Feier der hundertjährigen Geburtstages Friedrichs von Schiller am 10. November 1859. Sign.: Mog:2°/43, 1859/60

Der Mainzer Souffleur Andreas Adrian hatte die Angewohnheit, persönliche Kommentare zu den Aufführungen auf die entsprechenden Theaterzettel anzubringen. Zu Wallensteins Lager schrieb er: "Stück ging zusammen und gefiel", die Schauspieler aber waren "Alle nicht viel", nur Herr Stotz "ging".
Bei Wilhelm Tell waren die Schauspieler "Alle oberfaul bis auf Julchen Kramer", das "Stück ging lahm und gefiel nicht. Letzter Akt war unterm Luder. Vorstellung war ungeheuer besucht, es ging aber niemand befriedigt Nach Hause, besonders für eine Festvorstellung".

Zur Errichtung des Schiller-Denkmals

Theaterzettel des Mainzer Stadttheaters zur Veranstaltung der Mainzer Carneval-Gesellschaft zugunsten des Schillerdenkmals am 22. Februar 1861. Sign.: Mog:2°/43, 1860/61

Im Zuge der Festlichkeiten zum 100. Geburtstag Schillers entstand in Mainz die Idee zur Gründung eines Vereins zur Errichtung eines Schiller-Denkmals. Ein provisorisches Comité trat am 14. November 1859 erstmals zusammen. Am 1. Dezember veröffentlichte das Comité einen Aufruf zur Errichtung des Schiller-Denkmals, in dem es die Mainzer Bevölkerung um Unterstützung bat. Die Bevölkerung beantwortete den Aufruf mit Enthusiasmus. In der Folgezeit wurden Konzerte und Theateraufführungen zu Gunsten des Denkmals gegeben und zahlreiche Privatspenden gingen beim Comité ein.

Verschiedene Drucksachen zur Enthüllung des Schiller-Denkmals 1862 in Mainz. Sign.: Mog m:4°/731, 1-8

Der Darmstädter Hofbildhauer Johann Baptist Scholl (1818-1881) wurde ausgewählt, um das Modell des Denkmals zu fertigen. Der Guss des Standbildes wurde in Nürnberg bei der Firma Burgschmied und Lanz ausgeführt; das Podest in Mainz von dem Steinmetz Roßbach und der Firma Lauer. Die Statue wurde durch die hessische Ludwigs-Eisenbahn kostenlos nach Mainz geliefert, wo sie am 6. Oktober 1862 ankam. Die Enthüllung fand am Freitag, den 18. Oktober 1862 statt. Die Balkone der Stadt waren aus diesem Anlass mit Fahnen und Blumen geschmückt und die Läden verkauften Schiller-Artikel. Ein sog. "Schiller-Stern", eine Plakette zur Einweihung des Denkmals, wurde ausgegeben.

Insgesamt dauerten die Feierlichkeiten zur Enthüllung des Denkmals vom 15. bis zum 19. Oktober 1862. Das Programm sah wie folgt aus:
Am Mittwoch, den 15. Oktober sangen die Liedertafel und der Damengesangverein gemeinsam mit dem Wiesbadener Cäcilien-Verein Händels Oratorium Judas Maccabäus zum Besten des Schiller-Denkmals.
Am Donnerstag, den 16. Oktober fand im Theater die Vorfeier zur Enthüllung des Schillerdenkmals statt, bei der ein Festspiel mit lebenden Bildern mit Szenen aus Schillers Leben und Werken von Friedrich Halm sowie Meyerbeers Schiller-Festmarsch und Schillers Wallensteins Lager gegeben wurden.
Am Freitag, den 17. Oktober zeigte das Theater Schillers Don Carlos.

Am Samstag, den 18. Oktober war der eigentliche Festtag mit Umzug. Um 10.00 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Er ging über Große Bleiche, Rheinstraße, Fischtorstraße, Markt und Ludwigsstraße zum Schillerplatz. Dort wurden von sämtlichen Musikchören (etwa 1000 Sängern) der Germaniamarsch von Lux, ein vierstimmiges Lied und eine Festkantate von Neukomm ausgeführt. Carl Roeder als Präsident des Comités hielt eine Rede, die Statue wurde enthüllt und der Stadt Mainz übergeben. Das Publikum sang ein eigens für die Enthüllung geschriebenes Lied. Der Festtag endete mit einem Bankett in der Fruchthalle.
Am Sonntag, den 19. Oktober beschloss ein Ball im Schauspielhaus die Festwoche.

Theaterzettel des Mainzer Stadttheaters zur Festvorstellung zugunsten des Schillerdenkmals am 17. Oktober 1862. Sign.: Mog:2°/43, 1862/63

Alle drei Vorstellungen scheinen kein großer Wurf gewesen zu sein. Adrian bezeichnet die Leistungen des Gastes Bogumil Dawison in Don Carlos als "vorzüglich. Alles andere nicht viel werth." Die "Vorst. war außerordentlich besucht, gefiel gar nicht, und war sehr faul, trotz 3 Proben."